Eine denkwürdige Woche geht zu Ende: Donald Trump wird nächster US-Präsident und kann vermutlich dank republikanischer Mehrheit in beiden Kammern durchregieren und die „Ampel“ zerbricht. Es wurde viel geschrieben zu diesen Themen in den letzten Tagen. Wir wollen unserseits eine kurze Einschätzung zu den möglichen ökonomischen Folgen geben.
I. Trump:
Die Kapitalmärkte reagierten schnell auf Donald Trumps Wahl: US-Aktien stiegen wegen angekündigter Steuersenkungen für Unternehmen. In Europa und teilweise in Asien fielen die Aktien jedoch, da geplante Importzölle vor allem stark exportorientierte Länder wie Deutschland und China hart treffen könnten. Im Zuge dessen ist mit einer steigenden Staatsverschuldung und höheren Inflationsraten zu rechnen. Der Markt reflektierte dies unmittelbar mit Zinserhöhungen. Der US-Dollar reagierte zunächst leicht positiv.
Leider hat Trump keine klare wirtschaftliche Agenda, sondern arbeitet viel mit Schlagwörtern. Aus seinem bekannten situativen und erratischen Verhalten und der Komplexität wirtschaftlicher Zusammenhänge ist allerdings kaum vorauszusagen, was kommt und was die Folgen daraus sein werden.
Die Senkung der Unternehmenssteuern dürfte kommen, das Ausmaß bleibt abzuwarten. Da bisher keine Refinanzierung im Haushalt geplant ist und der Schuldenberg in den USA in den Amtsperioden von Trump und Biden massiv angestiegen ist, ist die Finanzierbarkeit der Maßnahme zumindest ein Thema. Der Zinssenkungszyklus der US-Notenbank könnte aufgrund der steuer- und zollbedingt steigenden Inflationsraten deutlich früher enden, als bisher prognostiziert. Die im Wahlkampf groß angekündigte Bekämpfung der in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Preise dürfte somit schwer durchsetzbar sein. Des Weiteren trifft eine steigende Verschuldung auf ein erhöhtes Zinsniveau. Dies dürfte den Haushalt zusätzlich unter Druck setzen.
Die angekündigten Zölle machen, so sehen es fast alle Ökonomen, wenig Sinn, auch nicht für die mittelfristige Entwicklung der USA – doch kommen könnten Sie trotzdem. Für US-Unternehmen können diese auch negativ sein, für Europa und China mit Sicherheit. Allerdings waren auch in der ersten Amtszeit von Trump Zölle ein Thema und es wurden eher pragmatische Lö-sungen gefunden, die für alle Seiten funktioniert haben. Zudem scheint es so, als ob Donald Trump gleich an mehreren Fronten die Konfrontation sucht; als größte Volkswirtschaft möglich, doch kann dies auch unbeabsichtigte positive Entwicklungen mit sich bringen: China und Europa könnten sich angesichts eines gemeinsamen ökonomischen Gegners wieder annähern und eigene Konflikte beilegen.
Sollte Trump den Ukraine-Krieg entgegen allen angebrachten Zweifeln wirklich zu einem nach-haltigen Ende bringen, welches die Sicherheitslage in Europa wieder herstellt, wäre dies auch wirtschaftlich positiv: es führt zu einer Entlastung der Geld-gebenden Staatshaushalte von destruktivem Kapital für Waffen und macht den Weg frei für wirtschaftlich sinnvolle und fördernde Ausgaben für den Wiederaufbau der Ukraine.
In Summe kann die Trumpsche Wirtschaftspolitik für den Rest der Welt negative Folgen haben, was aber keinesfalls ausgemacht ist. Auch bleibt abzuwarten, welche Folgen insbesondere die Zölle auf die Importnation USA haben. Die Zeche müssen nämlich die US-Unternehmen und Konsumenten zahlen. Schon jetzt hört man von Hamsterkäufen von Unternehmen, die sich vor der möglichen Einführung von Einfuhrabgaben mit Waren aus dem Ausland eindecken.
II. Die „Ampel“:
Die Scholz-Regierung hat die strukturellen Probleme Deutschlands nicht verursacht, diese allerdings auch nicht beseitigt und teilweise noch verschärft. Die politische Unruhe der kommenden Monate ist für die Kapitalmärkte ein Problem. Jedoch ist der Ausblick auf eine neue Regierung, die auch wirtschaftspolitisch eine Wende verspricht, positiv zu werten. Deutschlands Wirtschaft braucht Unterstützung, zumindest aber keine weiteren Belastungen. Hilfreich wären schnellst-mögliche Neuwahlen, da sowohl die bestehenden als auch neuen Herausforderungen, wie der Regierungswechsel in den USA im Januar 2025, unmittelbar angegangen werden müssen.
III. Fazit:
Die Situation ist komplex und man kann hieraus eine Vielzahl von Szenarien für den Kapital-markt entwickeln. Am Beispiel für US-Aktien: positiv sollte die Steuersenkung wirken. 2017 löste diese Maßnahme eine Hausse aus. Damals waren allerdings die Senkungen höher (von 35% auf 21% vs. diesmal ggf. „nur“ von 21% auf 15%), die Bewertungsniveaus niedriger als heute und die 10-jährigen Zinsen für Staatsanleihen lagen bei gut 2%, während sie heute bei gut 4% liegen. Die Zölle können sich bei Import-abhängigen Unternehmen negativ auf die Gewinne auswirken. Immigrationsbeschränkungen können sich in dem angespannten US-Arbeitsmarkt negativ auswirken. Vielleicht kommt es genauso wie 2017, doch eine Garantie gibt es hierfür nicht.
Aufgrund der unklaren, an möglichen Varianten reichen Perspektiven werden wir akut keine wesentlichen Veränderungen in unserer Anlagestruktur vornehmen. Wir haben im Vorfeld der Wahlen die Liquiditätsquote zulasten Aktien etwas erhöht, so dies sinnvoll umsetzbar war. Damit haben wir etwas Beweglichkeit geschaffen. Sollten sich Kaufgelegenheiten in US-Aktien ergeben, werden wir diese nutzen, um unser Gesamtinvestment dort zu stärken. Auch in Europa sind wir aufmerksam, denn an einigen Stellen scheint die Stimmung noch schlechter als die Lage zu sein. Umschichtungen von bestehenden Investments in Bezug auf die regionale und sektorale Aufteilung sind wahrscheinlich.
Ihr Veermaster Asset Management Team