Marktkommentar Q3-2024

Rückblick:

Ein wechselhaftes Quartal liegt hinter uns: während im Juli der zwischenzeitliche Schock der kurzfristig angesetzten Parlamentswahlen in Frankreich verdaut war und ein ruhiges, positives Kapitalmarktumfeld herrschte, begann der August mit einem Knall: ausgehend von der japanischen Börse kam es weltweit innerhalb von Stunden zu panikartigen Abverkäufen, die vielfach im zweistelligen Prozentsatz lagen. Eine hohe Zahl an spekulativen Carry-Trade-Geschäften war der Auslöser: hierbei werden Darlehen beispielsweise in Yen aufgenommen, da aufgrund der Zinspolitik der japanischen Zentralbank hierfür nur niedrige Zinsen zu zahlen sind. Diese Gelder werden in Währungsgebieten angelegt, die höhere Zinsen oder anderweitig interessante Anlagen, beispielsweise Aktien, bieten. Ein lukratives Geschäft, solange die Darlehenszinsen niedrig bleiben und die Währungswechselkurse sich nicht zu stark verschieben. Als letzteres aber dann doch geschah, kam es zu einer schlagartigen Auflösung zahlreicher Carry-Trades mit den beschriebenen Folgen.
Am Ende nur ein Schrecken, der nach wenigen Tagen fast vollständig ausgebügelt wurde. Es wurde einmal kräftig spekulative Luft abgelassen, ohne das System im Ganzen anzustecken.

Die Anleihezinsen waren sowohl in Europa als auch in den USA besonders bei den kürzeren Laufzeiten rückläufig. Die EZB hat sich angesichts der abflauenden Inflation für eine weitere Zinssenkung in Höhe von 0,25% entschieden. Schaut man sich die Wirtschaftsdaten in Europa und insbesondere in Deutschland an, so können wir wirklich jeden Stimulus gut gebrauchen. Die wirtschaftliche Krise in Deutschland ist jedoch leider nicht nur konjunkturell, sondern auch strukturell – eine kluge Standortpolitik ist dringend von Nöten.
Die amerikanische FED hat lange gewartet und im September die Zinsen erwartungsgemäß gesenkt, nachdem die Inflationszahlen deutlich zurück gegangen sind. Angesichts deutlich erkennbarer Bremsspuren in der Wirtschaft – sowohl beim Arbeitsmarkt als auch den Stimmungsindikatoren – hat man sich für einen großen Zinsschritt von 0,5% entschieden. Aufgrund der verzögerten Wirkung von Leitzinsveränderungen und dem relativ hohen Niveau in den USA ist es nicht ausgemacht, dass man damit bereits einem weiteren Abflauen der Wirtschaft effektiv entgegenwirken kann.
Positive Signale kamen zum Ende des Quartals jedoch aus China. Wir waren über das lange Zögern der chinesischen Führung, größere Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft einzuleiten, schon länger verwundert. Man hätte schon früher gekonnt, wollte es aber aus irgendwelchen Gründen nicht. Nun kamen klare Signale, dass man stützend und leitend eingreifen möchte. Die Zinsen wurden gesenkt und der Wirtschaft Liquidität zur Verfügung gestellt, um den kriselnden Immobiliensektor zu stabilisieren und Unternehmen Kapital zur Verfügung zu stellen. Die Bedeutung dieser Maßnahme zeigt sich daran, dass sowohl der chinesische Aktienmarkt als auch besonders konjunktursensible Branchen in Europa, wie die Chemieindustrie, positiv reagierten. Würde China vom Sorgenkind wieder zum Wachstumsmotor, könnten Unternehmen in Deutschland und Europa überdurchschnittlich profitieren.

 

Ausblick:

Wir erwarten weiterhin keine Rezession in den USA, allerdings sollte sich die Wirtschaft ohne weitere fiskal- und oder geldpolitische Stimuli weiter abschwächen. Die Präsidentschaftswahlen rücken immer mehr in den Vordergrund. Ein Sieg von Donald Trump dürfte für Unruhe sorgen und seine protektionistischen Ideen der Welt und am Ende auch den USA selbst schaden. Doch mit Kamala Harris gibt es nunmehr eine Kontrahentin, die neben der größeren Berechenbarkeit auch für eine Wirtschaftspolitik steht, mit der Europa und die Welt nach 4 Jahren Joe Biden gut umgehen kann.
Der Aufschwung wird, wie in den letzten Tagen gesehen, vor allem zyklischen Werten Auftrieb verleihen. Die EZB wird dies mit weiteren Zinssenkungen begleiten. In den USA hängt viel von der FED ab. Es ist – wie erwähnt – unklar, ob sie nicht zu spät mit den Zinssenkungen begonnen hat. In Verbindung mit der politischen Komponente darf man aus europäischer Perspektive nicht davon ausgehen, dass die USA uns aus dem wirtschaftlichen Tief führen. China könnte dies sehr wohl, denn auch von dem möglichen Handelskonflikt mit Europa gab es zuletzt positive Signale. Die realen Wirtschaftsdaten werden sich allerdings nicht so schnell bessern, wie dies manche Entwicklungen an den chinesischen oder europäischen Börsen vermuten lassen. Man darf nicht zu, doch ein wenig optimistisch sein.
Wir behalten unsere positive Sicht für Anlagen in Anleihen bei. Auch bei unseren Aktieninvestitionen sehen wir weiteres Aufholpotential, auch wenn nach der starken Aufwärtsbewegung ein zwischenzeitlicher Rücksetzer jederzeit möglich ist. Bei Rohstoffinvestments präferieren wir unverändert eher Industriemetalle bzw. Unternehmen aus diesem Sektor. Für Gold sehen wir von dem aktuell erreichten Niveau aus weniger Potential. Der USD bewegt sich weiterhin im Spannungsfeld von Zins- und Konjunkturentwicklung. Aktuell sehen wir ihn neutral gegenüber dem Euro. Mittel- bis langfristig könnten neben anderen Themen die geringere wirtschaftliche Dynamik und die hohe Staatsverschuldung belasten. Den Wechselkurs EUR/GBP sehen wir aktuell als stabil an, das Pfund hat aber mittelfristig Potential. Die neue Regierung stellt die Weichen neu und scheint kalkulierbarer zu sein, als man dies in den letzten Jahren von den wechselnden Regierungschefs gewohnt war.

Ihr Veermaster Asset Management Team

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