Marktkommentar Q4-2022

Rückblick:

Die Kapitalmärkte blicken weiterhin in erster Linie auf die Inflation und die sich hieraus abgeleitete Geldpolitik. Nach wie vor sehen wir weltweit eine Tendenz zu Zinssteigerungen – zuletzt sogar in Japan, wenn auch nur minimal. Dies ist bemerkenswert, da die Bank of Japan seit über 20 Jahren eine Niedrigzinspolitik verfolgt. Entsprechend volatil bleibt es am Aktienmarkt, aber auch die Anleihezinsen sind in ständiger Bewegung.

Der Ukraine-Krieg wütet weiterhin und man kann sich nur wünschen, dass dieser bald ein Ende findet. Rein sachlich und von der ökonomischen Seite betrachtet sind die wirtschaftlichen Folgen nunmehr verarbeitet bzw. scheinen bekannt und beherrschbar. Damit sind sie – so will es die Logik der Kapitalmärkte – aktuell kein wesentlicher Einflussfaktor mehr. Dies kann man auch real ablesen: die Energiepreise sind kräftig zurückgegangen, Gas hat zuletzt auf dem Niveau von vor einem Jahr und damit vor Kriegsbeginn notiert. Auch zeitweise eingeschränkt erwerbbare Lebensmittel – Beispiel Sonnenblumenöl – sind wieder normal und zu erträglichen Preise in den Supermärkten zu finden. 

Die weltweiten Lieferketten, die der Ukraine-Krieg und insbesondere die Null-Covid-Politik Chinas mit gigantischen Lockdowns stark gestört haben, konnten sich teilweise entspannen. Die Ukraine ist aufgrund der militärischen Erfolge nicht wie befürchtet ökonomisch komplett kaltgestellt, die Unternehmen haben erwartungsgemäß ihre Lieferketten wo möglich umgestellt und China ist nach den heftigen Bürgerprotesten schneller als erhofft von der Null-Covid-Politik abgerückt. Nun steht man vor der Herausforderung, dass eine immense Krankheitswelle über das Land schwappt, in deren Folge mit Produktionsausfällen zu rechnen ist. Mit einer zunehmenden Immunisierung sollte dieses Problem sich allerdings auf ein normales Niveau abbauen.

Das vierte Quartal brachte ein wenig Balsam auf die geschundene Anlegerseele, Aktien konnten in der Breite zulegen. Trotzdem geht 2022 als eines der schlechtesten Aktienjahre in die Geschichte ein:

DAX:                         -12,35%
Eurostoxx50:              -11,74%
S&P500 (in USD):      -19,44%
Nasdaq (in USD):       -32,97%

Aber auch mit Anleihen war nur Geld zu verlieren, der deutsche Rentenindex REX P verlor -11,87%. Der Zinsanstieg kam zu schnell und war zu steil, als dass Anleiheportfolios hieran angepasst werden konnten. Einzig Edelmetalle konnten wegen der positiven US-Dollar-Entwicklung zulegen, aber zu gering, um die Performance eines Portfolios deutlich zu beeinflussen.

Es gibt einen Lichtblick im Aktiensegment und dieser dürfte keine Eintagsfliege sein: wir hatten in den vergangenen Jahren mehrfach betont, dass sich Wachstumsaktien deutlich besser entwickeln konnten als Substanzaktien. Hierfür gab es eine Vielzahl von Gründen, von denen einige sich als nicht nachhaltig herausgestellt haben. Als ein Beispiel sei hier das dynamische Umsatzwachstum einiger Unternehmen in der Corona-Krise genannt. Der vermutlich wichtigste Grund war aber der weltweit niedrige Zins, der die vielfach exorbitanten Aktien-Bewertungen zumindest teilweise erklärbar machte. Die Zeit von Niedrig- oder Nullzins dürfte aber vorbei sein, denn hoffentlich haben die Zentralbanken – insbesondere die europäische – verstanden, dass eine Null- bzw. Minus-Zinspolitik auf Sicht mehr schadet denn nutzt. Damit haben wir in 2022 eine deutlich schlechtere Wertentwicklung von Wachstumsaktien (s. Nasdaq mit -32,97%), als bei Substanzaktien gesehen. Da auf letzteren unser Fokus liegt, konnten wir die allgemeine Marktentwicklung in den von uns betreuten Portfolien besser abfedern. Dies ist nicht zuletzt deshalb wichtig, da dadurch die Ausgangslage für die Wertaufholung in 2023 im Vergleich günstiger ist.

Ausblick:

Wie schon in unserem letzten Quartalsanschreiben angemerkt, sehen wir optimistisch in die Zukunft. Selbstverständlich kann es von vielen Seiten zu Störfeuern für die Kapitalmärkte kommen. Jedoch sehen die wirtschaftlichen Aussichten nicht so düster aus: die Inflation geht in der Breite zurück, Lieferketten normalisieren sich und die Unternehmen stellen sich auf die neuen Bedingungen wie gewohnt schnell ein. Wir schauen auf die Bewertungen von Aktien und diese sind vielfach günstig. Selbst in dem von uns so lange gemiedenen Technologiesektor sehen wir nach den kräftigen Rückgängen (genannt, aber nicht empfohlen seien die Amazon Aktie mit etwa -50% und Tesla gar mit 2/3 Wertverlust) einige günstige Bewertungen und positive Aussichten. Zudem rechnen wir im Schnitt mit stabilen Dividenden, zumal einige dividendenstarke Branchen wie beispielsweise der Energiesektor ein Rekordjahr hinter sich haben.

Wir erwarten auch von Anleiheinvestments positive Ergebnisse in 2023; der größte Teil des Zinsanstiegs dürfte hinter uns liegen, weitere Schritte sind bereits eingepreist. Ein sich aufhellendes wirtschaftliches Umfeld dürfte zudem die Risikoaufschläge weiter minimieren. Daher haben wir die Bestände, wo es möglich und sinnvoll war, ausgebaut.  

Edelmetallinvestments sehen wir ebenfalls positiv, wenn auch mit begrenztem Potential. In den wichtigen Währungspaaren Euro zu US-Dollar, Pfund und Schweizer Franken sehen wir im Moment keine besonderen Investmentchancen. Wir erwarten eher Seitwärtsentwicklungen für die nächste Zeit.

Lassen Sie uns abschließend noch eine für uns wichtige übergeordnete Einordnung der Veränderungen im Kapitalmarktumfeld machen: 2022 brachte insbesondere durch den Zinsanstieg eine grundsätzliche Normalisierung. Dauerhaft niedrige Zinsen und gar Minuszinsen sind auf lange Sicht schädlich. Zu erkennen war dies beispielsweise an sinnlos überwertbewerteten Technologieaktien wie zu Zeiten des Neuen Marktes, Hochzinsanleihen ohne hohen Zins, Kryptowährungen, die wie Pilze aus dem feuchten Waldboden gesprossen sind, digitale Kunstwerke (NFTs), die zum Glück schon wieder fast Geschichte sind und Immobilienpreise, die ungebremst gestiegen waren. Damit verbunden waren häufig unbedarfte Investoren, die insbesondere in der Corona-Krise erstmalig Geld angelegt und in kürzester Zeit überdurchschnittliche Gewinne erzielt haben, und die keine Verluste kannten. Das liegt bestenfalls hinter uns und wir konzentrieren uns wieder auf die Kapitalmarktregeln, die seit Jahrzehnten und Jahrhunderten zurecht gelten, aber trotzdem alle paar Jahre mal auf den Prüfstand gestellt oder gar negiert werden. Zu dynamische und basislose, häufig durch zu viel Liquidität im Markt befeuerte, Entwicklungen bringen ein Ungleichgewicht in den Kapitalmarkt.  Das entstandene Ungleichgewicht wird dann als „modern und zukunftsgerichtet“ bezeichnet, obwohl es in Wahrheit simple Übertreibungen und Fehlentwicklungen sind, die anschließend irgendwann ebenso dynamisch wieder korrigiert werden – jedes Mal hat es so geendet und es wird beim nächsten Mal nicht anders sein.

Ihr Veermaster Asset Management Team

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